Dienstag, 13. Oktober 2009

Raum

Dass die Wände seit Tagen immer näher kommen, stört ihn nicht. Zentimeter um Zentimeter schieben sich das Hinten, das Vorne, das Links und das Rechts auf ihn zu. Der Raum ist nie besonders groß gewesen, also ist das noch lange kein Grund aufzustehen. Der Sessel zu gemütlich, die Luft zu stickig, das Abwenden der Augen vom Fernsehbildschirm viel zu anstrengend. Sicherlich, er könnte aufstehen und das Fenster öffnen, nach dem Rechten sehen. Aber was kann er an diesem Umstand, dass sich hinter diesen Wänden irgendetwas auf ihn zubewegt, schon ändern? Gar nichts. Wieso sich also die Mühe machen. Paranoia steht ihm ohnehin nicht.
Der Raum ist nie etwas anderes gewesen als eine ausgesuchte Zelle und so empfindet er es kaum als Verrat, dass er sich nun endgültig gegen ihn wendet. Wenngleich er sich angenehmeres vorstellen kann, als langsam zwischen 2 Wänden zerquetscht zu werden, ausgepresst wie eine Zitrone. Aber selbst Suizid wäre an dieser Stelle ja nun wirklich reiner Aktionismus.
So wird es also in kurzer Zeit ein Ende mit ihm nehmen. Denn nach allem was er weiß, kann ein Mensch nicht auf einem Raum von wenigen Quadratmillimetern überleben. Ein wenig Melancholie schwingt durchaus mit bei der Beobachtung. Aber schließlich hat er das Zimmer in den letzten Jahren ohnehin kaum verlassen, und sich jetzt vorzumachen er hätte noch die Welt umsegeln oder den Mount Everest besteigen wollen... Nein, das ist zu lächerlich.
Und so ändern sich mit dem Fernsehprogramm schließlich auch seine Gedanken und er findet langsam zurück zu der Fahrstuhlmusik in seinem Kopf ................